Gerhart Hauptmann (1862–1946) behandelt in seinem Werk den historischen Weberaufstand in Schlesien 1844. Aufgrund seiner Sprengkraft wurde das Stück bereits bei Erscheinen mit einem Aufführungsverbot belegt. Denn Hauptmann schildert in fünf Akten mit großer Authentizität die prekäre Situation der ausgebeuteten Weber, die sich zunächst einzeln und zaghaft, dann als immer größer werdende Gruppe gegen ihre Unterdrücker wehren.
Er beschreibt die ungeheure Not, das Elend und die große Verzweiflung der Weberschaft, die schließlich zur Revolte und zum Aufstand gegen die Fabrikanten führt: Ein hungerleidender Weberjunge bricht zusammen, zwei junge Weber wiegeln die anderen auf, es kommt zu Protesten vor der Villa des Fabrikanten Dreißiger. Die Situation eskaliert.
Trotz seiner historischen Vorlage hat der Stoff – leider – nicht an Aktualität eingebüßt. Armut, Ausbeutung und Lohndrückerei gehören längst nicht der Vergangenheit an.
Das Schicksal der Weber zeigt Hauptmann uns als Kollektiv, Einzelschicksale fügen sich dabei zu einem großen Ganzen. Mit nur fünf starken, schlaglichtartigen Bildern entwirft er ein Gesellschaftspanorama, das über seine Gruppendynamik einen starken Sog entwickelt. Ein Theaterabend, der intensiv und eindringlich zu werden verspricht, faszinierend durch den Wechsel an großen, atmosphärischen Bildern und anrührenden, aufrüttelnden intimen Szenen.
Als Stück voll unterschiedlichster, fordernder Charakterrollen eignet sich “Die Weber“ besonders für das gut aufgestellte Bad Kötztinger Ensemble, das aktuell rund 40 Spieler:innen aus mittlerweile vier Generationen umfasst.
Hauptmann schrieb sein Stück, um noch wirklichkeitstreuer zu sein, überwiegend im schlesischen Dialekt. Eine Übertragung des Klassikers ins Bairische lag also besonders nahe.
Die industrielle Revolution mit der Einführung der mechanischen Webstühle bedroht das in Deutschland damals noch in Heimarbeit ausgeführte Weberhandwerk. Um irgendwie konkurrenzfähig zu bleiben, müssen die Weberfamilien Tag und Nacht schuften und sogar ihre kleinen Kinder mit heranziehen. Trotzdem reicht es nicht einmal für das Nötigste. Die Fabrikanten drücken die Löhne, um überhaupt Gewinn erzielen zu können und die verzweifelten Menschen fühlen sich gnadenlos ausgebeutet. Auswanderung ist keine Möglichkeit, deshalb entlädt sich schließlich im Juni 1844 die ganze Hoffnungslosigkeit in einem Aufstand.
Weber stürmen die Häuser der Unternehmer und die Fabriken, vernichten und plündern Waren und Vorräte, zerschlagen mechanische Webstühle. Die preußische Regierung schlägt den Aufstand brutal und blutig nieder. Zwar erlangt das Schicksal der Weber in der deutschen Presse erstmals Aufmerksamkeit, an den Zuständen ändert sich vorläufig aber nichts.
Arme und ausgemergelte Weber liefern in der Fabrik von Dreißiger ihre heimgewebten Erzeugnisse ab. Viel zu gering ist der Lohn, den sie erhalten. Expedient Pfeifer, ein ehemaliger Weber, der den Wert der Arbeiten festsetzt, lehnt jede Bitte um einige Pfennige Lohnerhöhung oder Vorschuss erbarmungslos ab. Stattdessen versucht er die Löhne weiter zu drücken. Der junge Weber Bäcker protestiert lautstark und wird prompt entlassen. Ein kleiner Junge bricht entkräftet zusammen. Fabrikant Dreißiger schiebt die Schuld auf dessen Eltern. Er sieht seinen Ruf gefährdet und versucht die Leute mit hohlen Phrasen über das schwere Los des Unternehmers zu beschwichtigen.
Auch bei Familie Baumert, die in der Hütte des Häuslers Ansorge wohnt, herrscht bittere Not. Es ist nichts Essbares im Haus. Vater Baumert kommt von Dreißiger zurück, mit Reservist Moritz Jäger im Schlepptau. Ihm geht es besser als den Webern und er führt hitzige Reden. Baumert, der seinen kleinen Hund geschlachtet hatte, um endlich wieder Fleisch zu bekommen, kann das Gekochte nicht bei sich behalten. Gegen das Jammern und Weinen liest ihnen Moritz Jäger das Lied vom Blutgericht vor. Alles klingt heraus: Verzweiflung, Wut, Rachedurst. Rasend stimmt der alte Baumert ein und auch der alte Ansorge ist entschlossen: Das muss anders werden, jetzt auf der Stelle!
Im Gasthaus unterhalten sich ein Reisender und Tischler Wiegand über den Aufruhr, der unter den Webern gärt. Das stichelnde Geschwätz des Reisenden reizt die hinzugekommenen Weber. Sie stimmen, vom Schmied Wittig aufgestachelt, das Weberlied an. Jetzt kann auch Gendarm Kutsche es nicht mehr verhindern, singend ziehen die Aufrührer durch die Straßen.
Aber Moritz Jäger, der Rädelsführer, wird festgenommen und in Dreißigers Villa gebracht, wo gerade eine Abendgesellschaft mit Pastor Kittelhaus stattfindet. Als er nach dem Verhör mit dem Polizeiverwalter abgeführt werden soll, sind die Weber draußen nicht mehr zu halten. Sie befreien Jäger und misshandeln den Pastor, der gutgläubig dazwischentritt. Dreißiger kann sich mit seiner Familie gerade noch in Sicherheit bringen, bevor die Weber in der Wut sein Haus verwüsten.
Der fromme alte Weber Hilse im Nachbardorf ist anderer Ansicht, er glaubt nicht an den Erfolg des Aufstandes. Der Hausierer Hornig berichtet, dass schon Militär zur Niederwerfung unterwegs ist. Hilses Schwiegertochter Luise begrüßt den Aufruhr mit fanatischer Begeisterung und nötigt auch ihren Mann Gottlieb, sich anzuschließen. Hilse nimmt nicht teil, der einarmige Alte arbeitet beharrlich und gottergeben an seinem Webstuhl weiter. Tatsächlich werden die Soldaten zurückgeschlagen. Da kracht unverhofft eine letzte Salve ...
Regie: Sascha Edenhofer
Dramaturgie: Barbara Schöneberger
Kostüme: Antje Adamson
Leitung Bühnenbau: Franz Bachl
Leitung Maske: Corinna Eichinger
Illustration: Theresa Hinkofer
Fotos: Evi Lemberger